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Diagnosen - Karzinome im Mund-Kiefer-Gesichtsbereich - Rehabilitation
 

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Wiederherstellung durch operative Eingriffe

Bei der Operation von Geschwülsten im Mund-, Kiefer- und Gesichtsbereich müssen nicht selten große Abschnitte des Kieferknochens und der angrenzenden Gesichts- und Halsweichteile entfernt werden. Die daraus entstehenden sichtbaren Folgen - der Facharzt spricht hier von "Defekten" - können mit körpereigenem Gewebe oder mit Hilfe körperfremder Materialien plastisch behoben werden. Wenn irgend möglich, geschieht dies schon in derselben Operation. Ziel ist die bestmögliche Wiederherstellung von Form und Funktion des Mund-, Kiefer-Gesichtsbereiches. Ihr behandelnder Arzt wird die für Sie in Frage kommenden Möglichkeiten ausführlich mit Ihnen besprechen. Im Folgenden wird deshalb nur kurz auf diesen so wichtigen Aspekt eingegangen.

So kann beispielsweise der Unterkieferknochen durch Verpflanzung von Beckenkammknochen (Knochentransplantation) ersetzt werden. In manchen Fällen verwendet man spezielle Kunststoffimplantate, die jedoch in der Regel nur eine Platzhalterfunktion haben und in einer späteren Operation durch körpereigene Knochen ersetzt werden. Auch die Kaufunktion lässt sich nach Verlust größerer Anteile des Unterkiefers wiederherstellen.

Vorübergehend eingesetzte Kunststoffimplantate und Knochentransplantate eignen sich auch zur Wiederherstellung der Kiefergelenke, so dass eine Behinderung der Mundöffnung nicht befürchtet werden muss. Müssen Teile des Oberkiefers entfernt werden, so wird der fehlende Knochen in der Regel sofort mit einer sogenannten Defektprothese versorgt. Der Zahnersatz ist herausnehmbar und gewährleistet eine gute Kaufunktion sowie eine übersichtliche Nachkontrolle des Operationsgebietes. In speziellen Fällen kann zu einem späteren Zeitpunkt der Oberkieferdefekt auch durch kombinierte Haut-, Muskel-, Knochentransplantate ausgeglichen werden. Müssen kleinere Teile der Zunge, des Mundbodens und der Wange entfernt werden, kann der Arzt sie durch eine sogenannte Verschiebeplastik aus den angrenzenden Weichteilen decken. Als Ersatz für größere Teile verwendet er zur Wiederherstellung Hautlappen aus der Hals-, Brust- und Schulterregion.

Durch Einsatz des Operationsmikroskopes lässt sich die Bandbreite der Haut-, Muskel- und Knochenverpflanzung ganz entscheidend erweitern, so dass heute auch sehr große Defekte in einer Operationssitzung versorgt werden können. Dies bringt für den Patienten den Vorteil eines deutlich kürzeren Krankenhausaufenthaltes. Die mikrochirurgische Technik kommt beispielsweise denjenigen Patienten zugute, denen große Teile der Mundschleimhaut entfernt werden mussten. Sie wird nun durch die Verpflanzung von Dünndarmgewebe ersetzt, das weitgehend die Funktion der Mundschleimhaut übernimmt und eine ungestörte Beweglichkeit der Zunge, des Gaumens und der Wangen erlaubt.

Einen bedeutsamen Fortschritt stellt die rekonstruktive Nervenchirurgie dar, mit der durch Verpflanzung von dünnen Hautnerven die Nervenfunktion wiederhergestellt werden kann. Das gilt besonders für den Gesichtsnerv, der für die Mimik verantwortlich ist, und die verschiedenen Gefühlsnerven der Zunge und der Lippe. Die verschiedenen Möglichkeiten der plastischen Chirurgie und Wiederherstellungschirurgie müssen in jedem Einzelfall sorgfältig erörtert werden, da die Ausdehnung der Geschwulst, das Lebensalter und der Allgemeinzustand des Patienten sowie lokale Faktoren die Operationsmethode bestimmen. Auch wenn die Diagnose und die bevorstehenden operativen Eingriffe Sie vielleicht zunächst beunruhigen, so können Sie davon ausgehen, dass die heutigen operativen Möglichkeiten in jedem Fall eine befriedigende Wiederherstellung erlauben, und zwar sowohl was das Aussehen betrifft als auch in Bezug auf die Kau-, Sprech- und anderen Funktionen. Dieser Aspekt ist für die Zukunft des Patienten, für seine Wiedereingliederung in das Berufs- und Alltagsleben und für seine Lebensqualität von größter Wichtigkeit.

Wiederherstellung durch den Zahnarzt

Große Defekte im Oberkiefer können durch sogenannte Defektprothesen sehr wirkungsvoll behoben werden. Ist eine offene Verbindung zwischen Mund- und Nasenhöhle bzw. Nasennebenhöhlen entstanden, so wird sie durch die Prothese sorgfältig abgedichtet. Dadurch wird einerseits wieder eine ungestörte Nahrungsaufnahme ermöglicht und andererseits die Sprache wiederhergestellt. Ein leichtes Näseln lässt sich allerdings oft nicht beseitigen. Dies ist besonders dann der Fall, wenn große Teile des weichen Gaumens entfernt werden mussten.

Es leuchtet ein, dass sich die Versorgung mit einer Defektprothese um so leichter vornehmen lässt, je mehr natürliche Zähne noch vorhanden sind, an denen der Ersatz verankert werden kann. Die eigenen Zähne sind jedoch wegen der verringerten Selbstreinigung in erhöhtem Maße gefährdet. Eine sorgfältige Pflege wird daher dringend angeraten.

Ihr Zahnarzt wählt die speziell für Ihren Befund geeigneten Pflegehilfsmittel aus und demonstriert Ihnen die Anwendung. Folgen Sie seinen Ratschlägen. Natürliche Zähne können durch Bestrahlungen (siehe Kapitel Strahlenbehandlung) direkt oder indirekt Schaden nehmen. Solche Schäden lassen sich durch tägliche Anwendung von Fluoriden gering halten. Hilfreich für die Anwendung sind sogenannte Fluoridierungsschienen, die Ihnen vom Zahnarzt individuell angefertigt werden.

Im Bereich der Defekthöhle sondern sich vermehrt Sekrete ab, die sich auf der Prothese niederschlagen. Eine häufige, sorgfältige und gründliche Reinigung des Ersatzes steigert das Wohlbefinden im Munde und verhindert, dass die Prothese einen unangenehmen Geruch annimmt. Wenngleich eigene Zähne die Anfertigung einer funktionstüchtigen Defektprothese erleichtern, so brauchen zahnlose Patienten deshalb nicht zu verzweifeln. Auch ihnen kann geholfen werden. Für den Zahnarzt ergeben sich allerdings größere Schwierigkeiten.

Nach Entfernung des Oberkieferknochens besteht die Gefahr, dass Wange oder Lippe einfallen. Deshalb bemühen sich die Ärzte, möglichst frühzeitig den Knochen durch eine Defektprothese zu ersetzen. Die dazu notwendigen Maßnahmen sind gelegentlich deshalb etwas belastend, weil sie sehr bald im Anschluss an die Operation vorgenommen werden. Die Patienten müssen Geduld und Verständnis aufbringen. Je besser aber Ihre Mitarbeit in dieser Hinsicht ist, desto besser wird das Ergebnis sein. Probleme der äußerlichen Veränderung treten auch bei der Durchtrennung des Unterkiefers auf. Wenn möglich, ist auch hier eine baldige prothetische Versorgung nötig.

Wiederherstellung durch künstliche Gesichtsprothesen

Künstliche Gesichtsteile werden Epithesen genannt. Mit ihnen werden Teile des Gesichtes nahezu naturgetreu ersetzt. Ihre Verwendung kann notwendig werden, wenn z.B. Wange, Auge, Ohr, Nase oder Lippe bei einer Tumoroperation entfernt werden müssen. Vor Anfertigung einer Epithese wird aber gemeinsam mit dem Arzt überlegt, ob der Gesichtsdefekt nicht besser durch körpereigenes Gewebe plastisch-chirurgisch wiederhergestellt werden kann. Dabei ist zu bedenken, ob der Betroffene den dazu notwendigen Operationen gewachsen ist. Außerdem ist abzuwägen, ob eine künstliche Nachbildung nicht möglicherweise vorteilhafter aussieht als eine operative Wiederherstellung. Die Anfertigung von Epithesen wird von besonders ausgebildeten Technikern durchgeführt, die eigentlich eher Künstler sind, da sie ja Teile des Gesichtes so naturgetreu wie möglich nachbilden. Von dem betroffenen Gesichtsteil wird ein Modell hergestellt, auf dem der zu ersetzende Anteil in Wachs modelliert wird. Dabei werden z. B. Hautfalten und Hautporen mit eingearbeitet. Aus dem Wachsmodell wird dann die Epithese in Kunststoff hergestellt und in ihrer Farbgebung der Haut des Patienten genau angeglichen.

Die Befestigung der Epithese im Gesicht bereitet der Arzt vor. Er versenkt an dem Defektrand kleine Anker im Knochen, die der Epithese Halt bieten, ähnlich wie Zahnimplantate eine Prothese halten. Außerdem können Epithesen auch an einer besonderen Brille befestigt, direkt in einen Defekt eingeklemmt oder mit besonderem Klebstoff gehalten werden. Die befestigte Epithese fügt sich unauffällig in das Gesicht ein, so dass sie meist gar nicht als künstlicher Körperteil zu erkennen ist.

Der Träger einer Epithese lernt sein künstliches Gesichtsteil selber zu lösen und zu befestigen. Er kann dann darunter liegende Weichteile ohne Hilfe von anderen pflegen und die Epithese säubern. Im Laufe der Zeit altern Epithesen. Dabei kann sich ihre Farbe oder Form etwas verändern, so dass sie geändert oder erneuert werden müssen. Kosten entstehen dem Patienten für eine Epithese normalerweise nicht. Sie werden nach vorheriger Absprache von den Krankenkassen bezahlt.

 


 

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