Krebsnetz - Ein Ratgeber für Patienten und Angehörige zum Thema "Krebs"
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Kommunikation

Reden ist Gold – Schweigen ist Nichts

Zumindest mit dem richtigen Gesprächspartner.

Sie stecken in großen Schwierigkeiten, wenn Sie Angehöriger oder Freund eines Patienten mit einer bösartigen Erkrankung und natürlich noch viel mehr wenn Sie selber Patient mit einer bösartigen Erkrankung sind. In wirklich großen Schwierigkeiten. Denn letzten Endes bedroht jede bösartige Erkrankung das Leben. Die eine Diagnose weniger als die andere und es gibt mehr oder weniger wirksame Behandlungen. Aber grundsätzlich kann jede bösartige Erkrankung das Leben bedrohen.

Mit dieser wirklich unglaublich großen Belastung geht Jeder anders um. Hierzu gibt es schon seit langer Zeit sehr gute Untersuchungen zum Beispiel von Elisabeth Kübler-Ross, deren Bücher auch deshalb sehr zu empfehlen sind, weil man sie verstehen kann. Aber wir wollen hier ohne allzu großen wissenschaftlichen Hintergrund von und aus den Erfahrungen unserer langjährigen Tätigkeit mit Tumorpatienten berichten:

Letzten Endes muss zwar jeder Patient mit einer bösartigen Erkrankung selber fertig werden. So bitter sich das auch anhören mag. Aber wir machen auch immer wieder die Erfahrung, dass es unglaublich hilfreich ist, wenn Sie einen Menschen haben, mit dem Sie einfach reden können. Bei dem Sie wenigstens einen Teil Ihrer Sorgen und Ängste abladen können. Das wird häufig der Partner sein, das kann aber auch ein Freund sein. Das kann auch ein Geistlicher sein. Aus unserer Sicht wäre es gut, wenn zumindest zum Teil hier auch Ihr Arzt einen Platz hätte. – Und natürlich wäre es nur zu gut, wenn es Ihr Arzt zulässt, dass Sie ihm diesen Platz einräumen.

Ganz schlecht ist es nach unserer Meinung, wenn Sie aus Rücksicht auf Ihre Angehörigen Ihre Tumorerkrankung verschweigen, was leider immer wieder aus falsch verstandener Rücksichtsnahme praktiziert wird. Stellen Sie sich doch einmal vor, dass zunächst Ihre Tumordiagnose nicht so schlimm aussieht und dann wird nach einiger Zeit doch eine Chemotherapie erforderlich, was Sie kaum noch verheimlichen können. Dann wird es umso schwerer, vertrauensvoll miteinander umzugehen.

Sehr viel schwieriger ist aber für jüngere Patienten noch die Frage, ob und wie weit informiere ich meine Arbeitskollegen. Es besteht zwar nach unserer Kenntnis keine verbindliche Verpflichtung, Ihren Arbeitgeber über die konkreten Gründe einer möglichen krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit zu informieren. Doch ist es nach einer bösartigen Erkrankung nicht selten erforderlich, das Arbeitsgebiet innerhalb der Firma zu wechseln oder aber zumindest zu ändern, weil Sie zum Beispiel körperlich nicht mehr so belastbar sind. In solchen Fällen sind Sie auf die Mithilfe Ihres Arbeitgebers angewiesen. Und wir haben auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten fast immer die Erfahrung gemacht, dass die Arbeitsgeber sehr kooperativ waren. Ob und wie weit Sie Ihre direkten Kollegen informieren sollten, können wir Ihnen kaum raten. Das hängt allzu sehr von Ihrem Arbeitsumfeld und dem Verhältnis ab, das Sie zu Ihren Kollegen haben.

In diesen Zusammenhang gehört auch die sehr schwierig zu beantwortende Frage, ob Sie als (jüngerer) Patient während einer Chemotherapie oder einer Bestrahlung arbeiten gehen sollen. Voraussetzung dafür ist natürlich, dass Ihre Erkrankung an sich diese Frage überhaupt erlaubt. Denn wenn Sie zum Beispiel aufgrund eines Bronchialkarzinoms oder Lungenmetastasen starke Luftnot haben, können Sie natürlich nicht zur Arbeit gehen. Aber es gibt sehr viele Situationen bei der nicht-operativen Therapie einer bösartigen Erkrankung, bei denen ein Außenstehender Nichts von der Behandlung bemerkt. Auch wenn sowohl Chemotherapie als auch Bestrahlung so zu verabreichen sind, dass Sie keine zusätzlichen konkreten Beschwerden wie Übelkeit oder Erbrechen haben, sind wir der Meinung, dass Sie nicht arbeiten gehen sollten. Denn häufig kommt es im Laufe einer Chemotherapie oder Bestrahlung zu einer allgemeinen Müdigkeit, die Ihnen das Leben durchaus schwer machen kann. Dann sind Erholungsphasen ohne Arbeit sicher sehr sinnvoll. Wenn Sie aber nur zu Hause herumsitzen und grübeln, ist es vielleicht doch besser zur Arbeit zu gehen, statt ‚dummen Gedanken’ nachzuhängen. – Zumindest hier können keine verbindlichen Empfehlungen gegeben werden und jeder muss für sich und seine Situation alleine entscheiden.

Gleichgültig ob Sie nun Patient oder Angehöriger eines Patienten sind. Mit Sicherheit kennen Sie Jemanden, bei dem die Diagnose einer bösartigen Erkrankung gestellt und der deswegen behandelt wurde. Sie treffen also Jemanden, der glaubt, sich besonders gut mit bösartigen Erkrankungen und deren Behandlung auszukennen. – Leider sind das keine allzu guten Gesprächspartner für Sie.

Selbst wenn wir einmal davon ausgehen, dass alle Menschen, mit denen Sie reden, wirklich nur die besten Absichten haben. Die wenigsten von ihnen haben auch nur annähernd die notwendigen Kenntnisse, Ihnen wirklich gute Ratschläge geben zu können. Ratschläge, die Ihnen helfen.

Eine bösartige Erkrankung ist immer eine sehr schwerwiegende Diagnose. Eine Diagnose die in aller Konsequenz ihr Leben bedrohen kann. Da dürfen Sie sich ganz einfach nicht auf Ratschläge verlassen, die nicht wirklich begründet werden können. Dabei darf es auch nicht reichen, wenn Jemand schon einmal selber eine Bestrahlung oder eine Chemotherapie erhalten hat. Es ist fast vollkommen unmöglich, dass es sich dabei um genau dieselbe Situation gehandelt hat, in der Sie sich jetzt befinden.

Nehmen wir nur zum Beispiel einmal an, dass es sich bei Ihnen um ein Bronchialkarzinom handelt. Also um einen bösartigen Tumor, der von den Bronchien ausgeht und häufig im Volksmund auch Lungenkrebs genannt wird, was medizinisch gesehen nicht korrekt ist: Dieser Tumor kann an vielen unterschiedlichen Stellen innerhalb der Bronchien entstehen. Dieser Tumor kann in viele unterschiedliche Richtungen wachsen, so dass das Lungengewebe oder das Rippenfell oder die Brustkorbwand oder andere Gewebe mitbetroffen sein können. Dieser Tumor kann keine oder unterschiedlich viele Lymphknoten befallen haben. Und nicht zuletzt gibt es eine ganze Reihe von unterschiedlichen Geweben innerhalb der Bronchien, aus denen der Tumor entstehen kann.

Aus diesen einzelnen Faktoren sind so viele Kombinationsmöglichkeiten denkbar, dass es vollkommen unmöglich ist, sich hier ohne spezielle, langjährige Aus- und Weiterbildung so gut auszukennen, wie es die Situation, in der Sie sich befinden, erfordert. Dabei haben wir noch nicht einmal mögliche Begleiterkrankungen wie eine Herzschwäche oder Asthma erwähnt.

Wir wollen hier Niemandem schlechte oder sogar böse Absichten unterstellen. Aber selbst die Erfahrung einer selber erhaltenen Chemotherapie oder Bestrahlung reicht nicht aus, um Ihnen umfassende Auskünfte zu erteilen. Und dennoch sind die Gespräche mit solchen früheren Patienten durchaus sinnvoll. Sie dürfen nur nicht vergessen, dass man Ihnen Erfahrungen mitteilen wird, die nur sehr bedingt auf Ihre Situation zutreffen.

Nach unserer Meinung ist es in Ihrer Situation unglaublich wichtig, dass Sie einen Arzt finden, dem Sie vertrauen. Einen Arzt, zu dem Sie im Laufe der Zeit ein Vertrauensverhältnis aufbauen können. Auch wenn dies eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, ist es auch ein Punkt, der genau so bedeutsam wie problematisch ist.

Vergleichsweise einfach ist es noch, die rein fachliche Qualifikation Ihres zukünftigen Arztes einzuschätzen. Dabei ist es nach unserer Meinung weniger wichtig, welche Facharztausbildung besteht, sondern wie groß die Erfahrung im Umgang mit Tumorpatienten ist. Denn nur eine kontinuierliche, kritische Auseinandersetzung mit allen Aspekten Ihrer Erkrankung bietet auch seitens Ihres Arztes die Möglichkeit einer möglichst optimalen fachlichen Qualifikation, die Sie jetzt unbedingt benötigen. Zu Ihrem Hausarzt konnten Sie in aller Regel über viele Jahre ein Vertrauensverhältnis aufbauen. Das ist jetzt nicht möglich. Jetzt müssen Sie möglichst rasch, den richtigen Arzt finden. Dabei dürfen Sie nicht vergessen, dass letzten Endes Sie und nur Sie als Patient (und nicht zum Beispiel Ihr Ehepartner) mit diesem Arzt zurecht kommen müssen.

Sie sollten vor allen anderen Dingen mit Ihrem Arzt reden können. Idealerweise sollte es sich dabei um den Arzt handeln, der auch für Ihre Tumorbehandlung verantwortlich ist. Deshalb sollten Sie sich vor Beginn dieser Therapie unter Umständen auch mit mehreren Ärzten unterhalten. Viele Tumorbehandlungen erfolgen in speziellen Kliniken von größeren Krankenhäusern. Hier gibt es immer eine ganze Reihe von Ärzten. Nach unserer Meinung sollten Sie sich hier nicht nur an der offiziellen Rangordnung orientieren sondern auch an dem, was Ihnen Ihr Gefühl und Ihr Bauch sagen. In solchen Kliniken werden sowieso alle Behandlungen in einem Team besprochen. Da können Sie Ihre Therapie mit einem Assistenzarzt statt mit dem Chefarzt besprechen, wenn Sie mit dem jüngeren besser zurechtkommen und besser reden können. Zwar hat in aller Regel der Chefarzt mehr Erfahrung als der Assistenzarzt. Aber der Chefarzt hat auch weniger Kontakt zu den täglichen Sorgen der Patienten und ist viel mehr mit Verwaltungsaufgaben beschäftigt.

Sollten Sie dennoch und trotz aller Mühe hier keinen Arzt finden, mit dem Sie wirklich gut reden können, dann kann auch Ihr Hausarzt der geeignete Gesprächspartner sein. Selbst wenn dieser über keine besonders große Erfahrung in der Behandlung von bösartigen Tumoren hat, so kennen Sie ihn doch schon sehr lange und können hoffentlich auch in schwierigen Situationen mit ihm reden. Sonst wäre er nicht Ihr Hausarzt – hoffentlich. Denn auch wenn Ihr Hausarzt die Tumortherapie nicht selber durchführt, so kennt er doch Kollegen, die für Ihre jeweilige Lage, die richtigen Ansprechpartner sind.

Es gibt in jeder Stadt Ärzte und Psychologen, die sich nach einer speziellen Ausbildung mit der psychologischen Betreuung von Tumorpatienten beschäftigen. Dennoch ist es nach unserer Erfahrung immer noch sehr schwierig, hier kompetente Hilfe zu bekommen. So sollten zumindest auch größere Abteilungen an Krankenhäusern, die sich mit der Tumortherapie beschäftigen, über einen eigenen Psychoonkologen verfügen. Denn gerade hier, wo die Diagnosen mitgeteilt und die ersten Behandlungen besprochen werden, bedarf es der größten Hilfe und psychischen Unterstützung. Allerdings stehen die Krankenhäuser unter einem immer größeren Druck, Kosten zu reduzieren, was häufig gerade zu Einsparungen bei der psychologischen Betreuung führt. Leider!

 


 

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