Krebsnetz - Ein Ratgeber für Patienten und Angehörige zum Thema "Krebs"
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Diagnose "Krebs"

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Die Diagnose „Krebs“

Gibt es die Wahrheit am Krankenbett? – Es gibt sie!

Die Diagnose „Krebs“ kommt wirklich sehr selten vollkommen unvorbereitet. Vorher gab es sehr oft mehr oder weniger zahlreiche Symptome, die den Verdacht auf eine Tumorerkrankung mehr oder weniger nahe legen. Leider ist genau das auch der Grund, warum viele Patienten eine ganze Zeit brauchen, bis sie den Mut finden, mit ihren Symptomen zum Arzt zu gehen. Es ist vollkommen unklar, was diese Verzögerung für die spätere Erkrankung bedeutet. Und, auch wenn wir diese Angst sehr gut verstehen, so möchten wir doch an Alle appellieren, die irgendwelche verdächtigen Symptome bemerken, nicht nur zum Arzt zu gehen, sondern auch auf eine wirklich gewissenhafte Abklärung dieser Symptome zu drängen. Natürlich kann ein anhaltender Husten bei einem Raucher eine ganz einfache Erklärung haben, doch allzu häufig verbirgt sich dahinter auch ein Tumor, der nun ganz sicher nicht mit einem Antibiotikum behandelt werden kann. Aber das ist zumindest an dieser Stelle nicht unser Thema.

Wenn sich die Anzeichen für eine Tumorerkrankung immer mehr verdichtet haben, dann ist es sehr häufig eine Operation oder zumindest doch ein anderer Eingriff wie eine Spiegelung oder eine Punktion, die Gewissheit bringt. Das bei diesem Eingriff gewonnene Gewebe wird unter einem Mikroskop untersucht, und dann kommt die Wahrheit ans Licht.

Gehen wir davon aus, dass Sie operiert wurden, um einen bereits nachgewiesenen Tumor zu entfernen. Gehen wir deshalb von dieser Situation aus, weil sie mit Abstand die häufigste ist. Und gehen wir weiter davon aus, dass bei dieser Operation der Tumor, um den es geht, entfernt werden konnte. Jetzt kommt die Stunde der Wahrheit. Jetzt werden Sie mit dem Chirurgen reden wollen, und Ihr Chirurg wird mit Ihnen reden wollen.

Noch vor einigen Jahren lautete die Standardauskunft der Chirurgen nach einer Tumoroperation, dass man sich keine Sorgen machen müsse, es sei alles gut gegangen und der Tumor habe vollständig entfernt werden können. Leider hat das nicht immer gestimmt. Aber wir wollen den Chirurgen auch keinen Vorwurf machen, denn es gibt oder vielmehr gab auch gute Gründe für solche Aussagen. Zum einen war man vor noch nicht allzu langer Zeit der Meinung, dass der Patient nach einer Operation die Mitteilung einer vermeintlich so schlechten Nachricht, wie es die Mitteilung einer Krebsdiagnose ist, nicht ertragen kann. Außerdem gab es in dieser Zeit, die, wie gesagt, noch nicht so lange her ist, noch keine besonders guten Möglichkeiten einer weiteren Behandlung. Aber diese Situation hat sich heute grundlegend geändert und damit ein solches Verhalten und Vorgehen. Heute sollte mit den Patienten alles genau besprochen werden.

Aber es gibt in diesem Zusammenhang ein anderes Problem: Die Patienten hören zwar gut zu, aber sie verstehen nur einen ganz bestimmten Teil von dem, was ihnen gesagt wird. Das hat (hoffentlich) Nichts damit zu tun, dass sich der informierende Arzt unverständlich ausdrückt, sondern vielmehr damit, dass es eine ganz natürliche Reaktion ist, nur das hören zu wollen, was gut ist. Wenn der Chirurg dem Patienten zum Beispiel sagt, dass der Tumor bei der Operation vollständig entfernt werden konnte, dann heißt das nicht zwangsläufig, dass nicht noch weiter behandelt werden sollte. Denn wir wissen immer besser, dass auch ein vermeintlich vollständig entfernter Tumor wieder kommen kann. Es ist immer möglich, dass trotz einer sorgfältigen Operation einige bösartige Zellen zurück geblieben sind, die dann der Ursprung für ein erneutes Tumorwachstum sein können.

Seit vielen Jahren erleben wir es immer wieder, dass auch nach wiederholten und langen Gesprächen unsere Patienten trotz aller Bemühungen noch nicht das verstanden haben, was wir Ihnen eigentlich sagen wollten, und was wir eigentlich mit Ihnen besprechen wollten. Und dabei ist es doch so wichtig, was wir mit unseren Patienten besprechen wollen. Aber ganz wesentlich hängt es damit zusammen, dass wir Alle dazu neigen, aus einer Reihe von Nachrichten nur die zu hören, die wir hören wollen. Eine ganz natürliche Reaktion. Besonders wenn es sich um schlechte Nachrichten handelt.

Aber wie soll man sich als Arzt in einer solchen Situation verhalten? Es ist nach unserer Meinung ganz sicher keine Lösung, irgendwelchen Unsinn zu erzählen, nur um den Patienten nicht zu belasten. Sprüche wie „Das wird schon wieder!“ oder „Das kriegen wir schon hin!“ sind zwar immer noch zu hören, sind aber nach unserer Meinung ganz klar der falsche Weg. Dabei geht es natürlich darum, dass jeder Patient das Recht hat, über seinen Gesundheitszustand Bescheid zu wissen. Denn nur so kann er doch wohl seine Entscheidungen fällen.

Stellen Sie sich vor, es ist in einem Organ zu einer Metastasierung gekommen, und jetzt geht es darum, über die beste Therapie zu beraten. Wie soll der Patient sich eine Meinung bilden, wenn ihm nicht gesagt wird, wie es zu dieser Metastasierung gekommen und wie ausgedehnt diese Metastasierung ist? Jetzt stellen Sie sich weiter vor, die verabreichte Therapie führt nicht zu den gewünschten Ergebnissen. Wie sollen Patient und Arzt über die weiterhin notwendigen Schritte reden, wenn sie nicht beide die gleiche Information haben?

Selbstverständlich und ohne Zweifel berühren schlechte Nachrichten den am meisten, den es betrifft. Aber auch nach vielen Jahren in der Tumortherapie fällt es Jedem von uns immer noch unendlich schwer, schlechte Nachrichten wie eine neu aufgetretene oder wie eine zunehmende Metastasierung zu überbringen. Wahrscheinlich denkt man sich als Außenstehender, dass sich die Ärzte im Laufe der Jahre an das Überbringen solch schlechter Nachrichten gewöhnen. Aber das stimmt nicht. Ganz im Gegenteil haben wir das Gefühl, dass es uns im Laufe der Zeit immer schwerer fällt, schlechte Nachrichten zu überbringen. Aber darum geht es hier nicht. Es geht darum, dass dieses Mitgefühl der Ärzte einer aufrichtigen Kommunikation möglicherweise im Weg stehen kann.

Wir haben sehr oft darüber nachgedacht und auch mit vielen Patienten und deren Angehörigen darüber gesprochen. Es bleibt dabei, dass wir ganz klar der Meinung sind, dass Sie als Patient ein Recht darauf haben, die Situation Ihrer Erkrankung so zu erfahren, wie sie ist. Aber das kann in sehr unterschiedlicher Form geschehen und deshalb haben wir noch nie zu einem unserer Patienten gesagt: „Sie haben Krebs!“ Es gibt nach unserer Meinung keinen klaren Weg, den man als Arzt in dieser Situation gehen kann.

Ihr Arzt sollte ein feines Gespür für Sie als seinen Patienten haben. Er sollte sich in Sie hineinversetzen können. Auch wenn er viel zu tun hat und sich um viele Patienten kümmern muss, sollte er sich in den entscheidenden Situationen Zeit für Sie nehmen oder zumindest die notwendige Zeit einplanen können. Aber auf der anderen Seite müssen Sie als Patient auch verstehen, wenn Ihr Arzt nicht immer Zeit für Sie haben kann, auch wenn es Ihnen noch so wichtig erscheint. Denn Ihr Arzt muss sich die notwendige Zeit für alle seine Patienten nehmen. Wenn Sie aber ein wirklich wichtiges Problem haben, wird er sowieso von sich aus auf Sie zu kommen oder Ihnen sehr kurzfristig die notwendige Zeit einräumen.

Für uns ist, das sollte hoffentlich klar geworden sein, Eines sicher: Es gibt die Wahrheit am (sprichwörtlichen) Krankenbett. Nur ist es nicht eine Wahrheit. Sondern unsere Wahrheit hat viele Gesichter. Gesichter, die sich an die Bedürfnisse und Eigenheiten des jeweiligen Patienten anpassen. Aber welches Gesicht auch immer unsere Wahrheit hat, es ist immer die Wahrheit. Das Gesicht unserer Wahrheit lässt sich nicht interpretieren. Das Gesicht unserer Wahrheit hat ganz sicher keinen Platz für Lügen.

 


 

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