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Wiederherstellung des Sprechvermögens

Das wichtigste Anliegen des Patienten, dem der Kehlkopf vollständig entfernt wurde, ist die Wiederherstellung des Sprechvermögens. Ohne spezielle Hilfen ist er zwar spontan in der Lage, wie vor der Operation mit dem Munde alle üblichen Sprechlautbewegungen auszuführen. Allerdings fehlt der Ton, was etwa dem Flüstern entsprechen würde (Pseudo-Flüstersprechen). Dieses Pseudo-Flüstersprechen von Kehlkopflosen ist jedoch nur in ruhiger Umgebung verständlich. Es setzt ein genaues vom Munde Ablesen durch den Gesprächspartner voraus. Erfreulicherweise verfügt man heute über eine Reihe von Möglichkeiten, den Patienten nach Entfernung des Kehlkopfes zu einer Ersatzstimme und damit zu einem verständlichen Sprechen zu verhelfen. Nur eine relativ kleine Zahl von Kehlkopflosen ist zeitlebens auf das Pseudo-Flüstersprechen angewiesen und bleibt in der Kommunikationsfähigkeit vergleichsweise stärker eingeschränkt.

Welche der im Folgenden beschriebenen Möglichkeiten für Sie die beste ist, müssen Sie zusammen mit Ihrem Arzt und eventuell einer/m Logopädin/en feststellen. Die Wiederherstellung des stimmhaften Sprechvermögens ist ein wesentlicher Bestandteil der Rehabilitation von Kehlkopflosen. Sie ist grundsätzlich möglich durch:

·         körpereigene Ersatzstimmbildung und

·         Sprechen mit apparativer Hilfe.

Sie sollten mit dem Erlernen einer Ersatzstimme so früh wie möglich, das heißt noch während des stationären Aufenthaltes in Abhängigkeit vom Zustand der Operationswunde beginnen. Fast immer muss die Ersatzstimmausbildung nach der Entlassung fortgesetzt werden. Dies kann ambulant (in der Klinik) geschehen oder durch fachärztliche Verordnung von niedergelassenen Logopäden/innen übernommen werden. Wird eine Kur verschrieben, so sollte diese in einer Einrichtung mit logopädischer Behandlungsmöglichkeit durchgeführt werden. Erfahrungsgemäß hat eine solche Kur den Vorteil der noch intensiveren und somit wirksameren Stimmrehabilitation, als dies unter ambulanten Bedingungen oft möglich ist.

Körpereigene Ersatzstimmbildung

Die Wiederherstellung einer körpereigenen Stimmbildung ist auf zweierlei Weise möglich:

·         durch Erlernen einer sog. Speiseröhrenstimme und

·         mittels operativer Maßnahmen.

Das Einüben einer Speiseröhrenstimme ist die am häufigsten angewandte Methode der Ersatzstimmbildung. Durch Bewegung der Zunge und des Unterkiefers wird die in der Mundhöhle befindliche Luft zurückverlagert. Von hier aus gelangt sie in den oberen Speiseröhrenbereich. Gleichzeitig verschließen sich die tieferen Abschnitte der Speiseröhre, wodurch ein Verschlucken der Luft bis in den Magen verhindert wird. In dem oberen Teil der Speiseröhre bildet sich auf diese Weise ein Luftreservoir (Ersatzwindkessel). Infolge des willkürlichen Impulses zur Stimmgebung treibt die Speiseröhrenmuskulatur die Luft dann wieder in Gegenrichtung heraus und versetzt den Speiseröhreneingang in Schwingungen. In diesem Bereich bildet sich mit zunehmender Übung allmählich ein Wulst aus, der die Funktion der Stimmlippen des entfernten Kehlkopfes übernimmt. Diese sogenannte Pseudostimmritze ermöglicht dann die Bildung stimmhafter Laute.

Bei der Stimmbildung mittels operativer Maßnahmen wird eine ventilartige Verbindung zwischen Luftröhrenstumpf und oberem Speiseröhrenabschnitt bzw. unterem Rachenbereich hergestellt. Dieses Ventil, das entweder aus körpereigenem Gewebe (Neoglottis, Fistel, Shunt) oder aus Plastikröhrchen (Ventilprothesen) besteht, dient der Stimmbildung. Da bei dieser Methode das normale Atemvolumen für die Bildung von Lauten erhalten bleibt, ist im Idealfall die Sprechqualität derjenigen der Speiseröhrenstimme überlegen. Zum Sprechen muss die Luftröhrenöffnung nach dem Einatmen mit dem Finger abgedichtet werden, die Ausatmungsluft wird in die obere Schluckstraße, d.h. in Mund- und Rachenraum gepresst. Die auf diese Weise erzeugte Stimme ist ausreichend laut und das Sprechen gut verständlich. Es sind verschiedene Ventilprothesen einsetzbar. Spezialkanülen, die das Sprechen ohne Finger ermöglichen sollen, sind zwar bereits vorhanden, sie können aber nicht generell angewendet werden. Insgesamt ist das Operationsverfahren leider noch nicht so weit ausgereift, dass sich in allen Fällen mit hinreichender Sicherheit eine befriedigende Stimmqualität ohne Verschlucken (Aspiration) garantieren lässt. Die Entscheidung für eine operative Stimmrehabilitation muss daher äußerst sorgfältig überlegt werden; Ihr Arzt und Sie sollten gemeinsam alle Vor- und Nachteile gegeneinander abwägen. Auch ist das Verfahren nicht ohne Nebenwirkungen und nicht für jeden Patienten geeignet.

Auf jeden Fall erfordert diese Form der Ersatzstimmbildung Ihre dauerhafte Mitarbeit, denn das Tracheostoma, die Kanülen und die Prothese müssen regelmäßig gepflegt bzw. gewechselt werden.

Sprechen mit apparativer Hilfe

Es steht heute eine Reihe von apparativen Sprechhilfen zur Verfügung, die auf sehr unterschiedlichen Wirkprinzipien beruhen. Am weitesten verbreitet sind elektronische Sprechhilfen in Form von elektromechanischen Körperschallgebern. Die von ihnen erzeugten Vibrationen werden durch Anlegen der Geräte an den Hals auf Rachen und Mundhöhle übertragen, wodurch stimmhafte Lautbildungen möglich sind.

Sprechen mit elektronischen Sprechhilfen kann relativ schnell erernt werden und ist wenig belastend. Die neu auf dem Markt befindlichen elektronischen Sprechhilfen mit Veränderung der Tonlage (Intonation) lassen das Sprechen wesentlich natürlicher und melodischer klingen. Dennoch ist dem Sprechen mit körpereigener Ersatzstimmbildung normalerweise der Vorzug zu geben, weil dieses dem ursprünglichen Sprechen näher kommt und an keine Hilfsmittel gebunden ist.

Die Erfahrung der Logopäden im Umgang mit Kehlkopflosen zeigt zunehmend, dass das Erlernen der sog. Speiseröhrenstimme und die Verwendung elektronischer Sprechhilfen nicht mehr alternativ und konkurrierend gesehen werden sollten. Es ist wünschenswert, zumindest für eine Reihe der Betroffenen, neben der Speiseröhrenstimme eine elektronische Sprechhilfe zur Verfügung zu haben, um in Notfällen, in Stresssituationen, im Krankheitsfall, bei emotionaler Belastung oder auch gelegentlich postoperativ bis zum Erlernen der körpereigenen Ersatzstimmbildung jederzeit sprechbereit zu sein. Immer mehr Logopäden sprechen sich deshalb dafür aus, dass Kehlkopflose beide Formen der Ersatzstimmgebung erlernen sollten; in welcher Reihenfolge, muss auf jeden Fall gemeinsam vom Arzt, dem behandelnden Logopäden und dem Patienten entschieden werden.

 


 

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